


Business Intelligence ist derzeit ein zentral wichtiges Thema in Unternehmen. Allerdings sollte auch „Project Intelligence“ – auch wenn dies kein offizieller Begriff ist – ein relevantes Thema für eine Unternehmung sein. Hier geht es insbesondere um die Frage, wie sich komplexe Projekte effizient führen und abwickeln lassen. Wir wollen Ihnen hier die Methodik ScrumBan vorstellen, die interessante Lösungsansätze bietet.
Ein Beitrag von Mehmet Yigitbay
ScrumBan ist, wie der Name schon vermuten lässt, eine Mischung aus Scrum und Kanban. Es kombiniert die besten Praktiken beider Methoden und wird aktuell bei uns am Standort adesso Schweiz erfolgreich in der Praxis eingesetzt. Um ScrumBan zu verstehen, ist zuerst etwas Hintergrundwissen zu den beiden Methoden notwendig.
Sowohl Scrum als auch Kanban sind agile Methoden, unterscheiden sich aber doch in mancherlei Hinsicht. Scrum ist ein Rahmenwerk zur Entwicklung und Erhaltung komplexer Produkte. Es beinhaltet strikte Formalismen, Rollen wie Scrum Master, Product Owner, Development-Team, Artefakte wie Product Backlog, Sprint Backlog, Inkremente und Ereignisse (Events) wie Sprint (das eigentliche Herzstück von Scrum), Daily Scrum, Sprint Planning, Sprint Review und die Sprint Retrospektive. Kanban hingegen hat seinen Ursprung in der Fertigungsindustrie. Hier geht es um Prozessoptimierung, also darum, nicht-wertschöpfende Tätigkeiten zu eliminieren und Fertigungsprozesse in einen gleichmäßigeren Rhythmus zu bringen.
Die Methode ScrumBan beinhaltet nach wie vor die wichtigsten Scrum-Prinzipien, bietet aber zugleich mehr Flexibilität und Freiheit, sich vorwärts zu bewegen. Der Einbezug von Kanban bringt Erweiterungen in den Prozessablauf und sorgt für eine entsprechende Visualisierung. Neue, zusätzliche Spalten, die die Wertschöpfungskette repräsentieren, werden ergänzt und machen die Projektarbeit transparent. Somit ist es möglich, die Aufgaben genauer zu verfolgen und Probleme sofort zu identifizieren.
Kanban-Board: Die Tasks (blau) bewegen sich durch die grünen Spalten von links nach rechts. Innerhalb der Red Line sind die priorisierten Tasks. © adesso Schweiz AG
Als Arbeitsinstrument wird das „Kanban-Board“ genutzt, in dem man die Arbeiten, die „Kanban-Karten“, mit definierten Aufgaben – nach dem Pull-Prinzip – von links nach rechts bewegt. Am Anfang des Boards ganz links wird die Spalte Sprint Backlog geführt, gefolgt von den technischen Tasks in der nächsten Spalte (Requirements Engineering RE/Solution Design SD), gefolgt von Spalten mit den Tasks, in der die Hauptentwicklungsarbeit (Configuration CONF/Development DEV) durchgeführt wird. Während das Projektteam die Kanban-Karten durch die Spalten weiterbewegt, weiß das Scrum Team immer, in welchem Status sich eine bestimmte Aufgabe befindet.
Wenn ein Task als Bug, also als Fehler, wieder geöffnet wird, weil die gewünschte Qualität nicht erreicht wurde, bekommt er ein rotes Label (post-it). Diese roten Labels sind schnell identifizierbar und können in den regelmäßigen Events, zum Beispiel im Daily Scrum, aber spätestens in der Scrum Retrospektive genauer analysiert und Qualitätssicherungsmaßnahmen erarbeitet werden. Dadurch wird die Qualität zukünftiger Sprints gesteigert.
Am Kanban-Board werden zusätzlich die WiP-Limits – WiP steht für „work in progress“ – pro Spalte festgelegt. So wird einerseits der Arbeitsfluss gewährleistet und damit Flaschenhälse, die bekannten „bottle necks“, vermieden. Andererseits wird auch sichergestellt, dass das Team zuerst die Arbeiten abschließt, mit denen es angefangen hat. Denn das Kanban-Prinzip lautet: Starte mit dem, was du jetzt machst beziehungsweise stop starting, start finishing! Die Projektmitarbeiter, die aufgrund des WiP-Limits keinen neuen Task bearbeiten können, arbeiten dann unterstützend an anderen Tasks mit.
Als Scrum Master betreue ich das Projekt bei unserem Kunden Switzerland Global Enter¬prise, kurz S-GE. Hier haben wir ScrumBan hauptsächlich aus folgenden Gründen eingeführt: Die Methode bringt deutlich mehr Verantwortung und Selbstorganisation in das Team. Sie führt zu kürzeren Durchlaufzeiten der Arbeiten. Alle Tasks haben eine deutliche Zuständigkeit und durch die Visualisierung des Prozessablaufs schafft man Transparenz. Jeder im Projektteam ist intern und dem Kunden gegenüber jederzeit auskunftsfähig darüber, welche Tasks sich in welchem Status befinden. Durch das Setzen der Quality Gates wird ein hohes Maß an Qualität der Lieferergebnisse sichergestellt. Alles in allem bietet die Methode so viele Vorteile, dass wir sie uneingeschränkt für komplexe Projektabläufe empfehlen können.
Mehmet Yigitbay ist Agile Coach und Senior Project Manager bei der adesso Schweiz AG. Er ist hauptsächlich verantwortlich für die Abwicklung mittelgroßer bis großer Kundenprojekte. Als Wirtschaftsinformatiker ist er seit vielen Jahren neben dem Projektmanagement in diversen Disziplinen wie Business Analysis, Requirements Engineering und Test Management in unterschiedlichsten Branchen tätig.
E-Mail: Mehmet.Yigitbay@adesso.ch