Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Wer glaubt, dass die Scrum-Werte nur im Scrum Framework helfen, der irrt gewaltig. In meinen Schulungen stelle ich gerne eine bestimmte Frage, wenn wir zu den Scrum-Werten kommen: „Wer kennt die vier Werte von Scrum und kann sie uns nennen?“ Üblicherweise gebe ich hier etwas mehr Zeit. Geht bis zu diesem Zeitpunkt keine Hand hoch, dann fahre ich fort: „Gut. Es sind auch fünf.“

Wir starten im Scrum Guide mit einer Definition, lernen etwas zur Theorie und schwenken bereits dann zu den Scrum-Werten. Wie kann es sein, dass so viele diesen Teil des Guides überlesen? Meine Kollegin Karin ist in ihrem letzten Blog-Beitrag dieser Frage bereits etwas auf den Grund gegangen. Wir wollen Scrum vermutlich zu schnell implementieren und machen es uns damit zu einfach. Heute wollen wir einmal schauen, warum wir es uns ausnahmsweise mal schwerer machen sollten.

Die Scrum-Werte im Detail

Die erfolgreiche Anwendung von Scrum hängt davon ab, inwiefern die Mitarbeitenden von ihrem Unternehmen unterstützt werden, folgende Werte zu leben: Fokus, Offenheit, Commitment, Respekt, Mut.

Direkter geht es doch gar nicht. Ohne Scrum-Werte keine erfolgreiche Anwendung. Der Scrum Guide lässt uns bei vielen Unklarheiten allein. Wir müssen selbst eine Lösung mit Hilfe der Werte und des Frameworks finden.

Wir erinnern uns an den Blog-Beitrag zur Empirie. Transparenz, Überprüfung und Anpassung gehen durchaus mit den Scrum-Werten einher, sie fördern sich gegenseitig. Das könnt ihr beim folgenden Text mal selbst hinterfragen. Inwiefern stimmen diese Werte mit den drei Säulen der Empirie überein? Ich freue mich auf Feedback!

Fokus

Speziell im Scrum Framework nutzen wir Ziele (unter anderem Produktziele oder Sprintziele), um einen Fokus zu setzen. Wenn wir diesen haben, ziehen wir am selben Strang, haben ein Endergebnis im Blick und wissen, wofür wir gegebenenfalls die Extrameile gehen. Durch das Fokussieren auf unsere Ziele schaffen wir einen garantierten Mehrwert.

Wir fokussieren uns jeden Tag, in jedem Meeting und in jeder Unterhaltung auf unsere Ziele – auf das, was erreicht werden soll. Und das, was erreicht werden soll, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde priorisiert und überdacht.

Offenheit

Wenn wir das Scrum Framework nutzen, befinden wir uns vermutlich in einer komplexen Umwelt. Das heißt, wir kennen weder alle Anforderungen noch haben wir auf alles eine Antwort. Das Problem lösen wir, indem wir uns mit kleinen Schritten an das große Ganze heranwagen. Wir haben also regelmäßig mit Unsicherheiten sowie Unvorhersehbarkeiten zu kämpfen. Genau hier knüpft Offenheit an.

Wenn wir offen für neue beziehungsweise andere Ideen oder Meinungen sind, wenn wir akzeptieren, dass wir nicht immer direkt eine Antwort haben, dass uns mal jemand widerspricht oder wir selbst falsch liegen könnten mit unserer Annahme, dann handeln wir offen. Wir sollten anerkennen, dass sich die Teamintelligenz und/oder Schwarmintelligenz erst durch Offenheit entfalten kann. Wir lernen voneinander und miteinander. Nur so können wir komplexe Probleme lösen.

Mittels Dailys können Developer jederzeit ihre Bedenken äußern, beispielsweise wenn das Sprintziel in Gefahr gerät. Reviews fördern den Austausch über die gelieferten Inkremente und das, was als Nächstes entwickelt werden sollte. Die Retrospektiven sind vermutlich das stärkste Mittel der Offenheit. Wir inspizieren unsere Zusammenarbeit, die Prozesse, das Tooling und vieles mehr und adaptieren, wenn notwendig.

Na, welche Säule der Empirie profitiert wohl am meisten von Offenheit?

Commitment

Mit dem Commitment drücken wir ein Versprechen aus, einen Aufwand X in die Erreichung eines Zieles zu investieren, ohne zu versprechen, ein Ergebnis zu erreichen. Und genau damit tun sich viele Menschen schwer. Nicht zu versprechen ein Ergebnis zu erreichen, mag erst einmal irritierend wirken. Aber wenn wir im agilen Kontext akzeptiert haben, dass Dinge passieren werden, die wir nicht vorhersehen konnten, wie können wir dann versprechen, dass wir ein Ergebnis erreichen werden? Korrekt. Können wir nicht.

Wenn wir uns im Sprint Planning auf das Sprintziel fokussieren, haben wir festgelegt, was wir dafür innerhalb des Sprints erledigen müssen. Dass wir es tatsächlich erreichen, hängt von vielen Unvorhersehbarkeiten ab, denen wir mittels des Frameworks sowie der Werte zuvorkommen werden.

Respekt

Respektvoll mit- und untereinander umgehen. Unabhängig von Position, Geschlecht, Erfahrung, Herkunft. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Und genau deswegen sollte Respekt auch außerhalb von Scrum Platz finden.

Respekt bedeutet NICHT, alles akzeptieren zu müssen. „Nein“ sagen ist vollkommen okay. Respektvoll sich selbst gegenüber zu sein, ist genauso wichtig, wie respektvoll gegenüber den Kolleginnen und Kollegen zu sein.

Mut (Courage)

Je mehr Vertrauen wir haben, desto mehr Mut finden wir.

Mut in einem Unternehmen, einem Projekt oder Team zu haben, Probleme jederzeit ansprechen zu können, fördert Offenheit und hilft, sich stetig zu verbessern. Mut bedeutet NICHT, Verantwortung auszunutzen, Druck zu erhöhen oder unrealistische Anforderungen zu stellen. Mut bedeutet, transparent zu sein, die eigenen Stärken sowie Schwächen besprechen zu können.

Rosinen rauspicken ist nicht

Wir sollten uns nichts vormachen: Wir können Mut nicht ohne Offenheit leben. Wir können unser Commitment nicht halten, wenn wir uns nicht fokussieren. Ohne Respekt gegenüber uns selbst und unserem Team brauchen wir nicht zu erwarten, dass die Ergebnisse gut werden. Die Werte müssen gemeinsam gelebt werden.

Wer unabhängig von Scrum vorhat, Werte und Kultur in einem Unternehmen, Team oder Projekt zu prägen, der muss sich weder den Kopf zerbrechen noch etliche Umfragen starten, um herauszufinden, welche Werte sinnvoll sind. Fangt doch einfach mit den Scrum-Werten an, nutzt die eingesparte Zeit für Diskussionen im Team, der Rest ergibt sich von allein.

Damit wir von den Werten profitieren, sollten die Werte wirklich verstanden werden. Auch sollte klar sein, warum man überhaupt gemeinsame Werte braucht. Schafft man dies, hat man eine gute Ausgangssituation für ein produktives, freies, kreatives Umfeld geschaffen.

Und, kennt euer Team die „vier“ Scrum-Werte?

Bild Stefan Mönk

Autor Stefan Mönk

Stefan Mönk ist bei adesso als Senior Consultant für die Line of Business Public am Standort Hannover tätig. Seine Leidenschaft ist das Thema Agilität. Als Requirements Engineer, agiler Projektmanager, Product Owner und Scrum Master hat ihn das Thema agile Softwareentwicklung stehts begleitet. Neben der Agilität interessiert er sich darüber hinaus für digitale, skalierende Geschäftsmodelle und deren Monetarisierung.

Kategorie:

Methodik

Schlagwörter:

Agilität

Scrum

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