Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Um euch den Einstieg in das Thema der Parasprache zu erleichtern, zeige ich euch anhand von Beispielen, um welche Situationen es sich dabei genau handelt. Stellt euch vor, ihr sitzt in einer Besprechung und der Wortführende macht eine lobende Äußerung über euren letzten Designentwurf. Anhand der Betonung könnt ihr unterscheiden, wie diese Botschaft aufzufassen ist. Wurde zum Beispiel ein ironischer Tonfall verwendet, ändert sich die Bedeutung bei gleichbleibendem Wortlaut kategorisch und aus dem Lob wird eine Bloßstellung. Es ist wichtig, dass ihr in eurem Alltag nicht nur auf die Worte achtet, sondern auch darauf, wie diese ausgesprochen werden. Eine besondere Herausforderung ergibt sich bei kulturellen Unterschieden. Vor allem Nicht-Muttersprachler haben häufig Probleme, die Feinheiten der sprachlichen Unterscheidung problemlos zu erkennen und zu interpretieren. Jedoch reichen mitunter auch schon regionale Unterschiede in den sprachlichen Feinheiten, um Missverständnisse auszulösen.

Neben diesem Beispiel einer möglichen falschen Interpretation gibt es weitere Situationen, in denen die Stimme entscheidend sein kann. Stellt euch einen vollen Besprechungsraum vor. Ihr habt die Gelegenheit, Kollegen eure Ideen zu präsentieren oder eure Meinung zu vertreten. Obwohl ihr euch inhaltlich gut vorbereitet habt und die Wichtigkeit sowie Richtigkeit des von euch Gesagten unbestritten ist, schenken euch eure Kollegen zu wenig Beachtung. Das könnte daran liegen, dass ihr eure Stimme falsch einsetzt. Selbst wenn der Inhalt einer Botschaft interessant ist, kann eine gelangweilte Sprechweise dazu führen, dass auch der Inhalt uninteressant erscheint.

Das V.O.I.C.E. - Prinzip

Zur Vermeidung einer solchen Situation könnt ihr eure Stimme auf folgende Kriterien hin überprüfen und, wenn nötig, schulen:

Volume (Lautstärke)
Kann der Zuhörer hören, was ihr sagt? Ist die Lautstärke der Situation angepasst?

Output Rate (Geschwindigkeit)
Wie schnell sprecht ihr? Werden die Wörter zu einem langen Rauschen oder habt ihr während des Redens viele Unterbrechungen?

Inflection (Tonlage)
Gibt eure Stimme die tatsächliche Stimmung wieder? Ist eure Stimme dynamisch oder sprecht ihr zu monoton?

Clarity (Klarheit)
Sprecht ihr klar und deutlich? Sprecht ihr das ganze Wort aus oder verschluckt ihr Silben?

Emphasis (Betonung)
Nutzt ihr Lautstärke, Geschwindigkeit, Tonfall und Rhythmus eurer Stimme, um wichtige Punkte zu unterstreichen?

Das Trainieren dieser Punkte erfordert Zeit und Disziplin. Ihr könnt es jedoch selbständig durchführen und das Ergebnis lohnt sich auf jeden Fall. Weiterhin ist es empfehlenswert, dass ihr trainiert zu atmen. Atemübungen, welche die Zwerchfellatmung anstelle der Rippenatmung trainieren, sind hervorragend geeignet, um die Lautstärke und Modulation eurer Stimme zu verbessern.

Reden ist Silber – Schweigen ist Gold

Ein wichtiger und oft vernachlässigter Teil der Kommunikation ist die Zeit zwischen den Worten: die Pausen, die ihr beim Sprechen macht. Die Dauer einer Pause sollte etwa bei drei Sekunden liegen. Das mag euch als Sprecher zwar sehr lange vorkommen, euer Gegenüber empfindet dies jedoch als angenehmes Tempo.

Einer Studie aus dem Jahre 2016 von Christian Bensel zufolge sprechen Menschen mit einer Rate von 100 – 160 Wörtern pro Minute. Da sie aber in der Lage sind, zwischen 600 – 800 Wörter pro Minute zu hören, hat ihr Gehirn viel Zeit abzuschweifen. Wenn Zuhörer nicht voll bei der Sache sind, wirkt eine konstante Rede nur als Hintergrundrhythmus. Eine Pause kann diesen Rhythmus unterbrechen und die Aufmerksamkeit erhöhen.

Bei Sprechpausen solltet ihr zwischen Interpausen – Pausen zwischen zwei Sätzen – und Intrapausen – Pausen innerhalb eines Satzes – unterscheiden. Beide Arten der Sprechpause haben den Vorteil, dass ihr dem Publikum Zeit gebt, das Gehörte zu verarbeiten. Richtig gesetzt können Sprechpausen die Wirkung eurer Worte deutlich steigern. Möchtet ihr also einem Argument besonderes Gewicht verleihen oder einen Punkt nonverbal unterstreichen, könnt ihr direkt vor diesem Begriff eine kurze Pause einlegen. Diese dient als verbaler Abstand und hebt den zu betonenden Begriff besonders hervor.

Sprecht die beiden folgenden Sätze laut nach und zählt dabei während der Pause im zweiten Satz still bis drei. Im Anschluss überprüft einmal, welcher Satz eine stärkere Wirkung auf euch hat.

1. Mit 100 neuen Mitarbeitern konnten wir unsere Ziele übertreffen.

2. Wir konnten unsere Ziele übertreffen… 100 neue Mitarbeiter.

Versucht beim Gespräch auf die Reaktionen eurer Gesprächspartner zu achten, indem ihr beobachtet, wie sich Gestik, Mimik und auch die Körperhaltung während der Pausen ändern. Pausen sind nämlich eine gute Gelegenheit, um bei eurem Zuhörer eine gewisse Faszination und Neugierde zu wecken.

Aber woran erkennt ihr eigentlich, ob euch jemand gerade aufmerksam oder überhaupt zuhört?

Kommunikation lebt vom Zuhören

Grundsätzlich ist es für das Verständnis des eigenen und fremden Zuhörverhaltens hilfreich, die vier folgenden Arten des Zuhörens zu kennen und erkennen zu können:

(1) Das “Ich verstehe”- Zuhören

Wie der Gesprächscoach Christian Rainer Weisbach ausführt, handelt es sich hierbei eigentlich gar nicht um das Zuhören, sondern um den Auftakt zum eigenen Sprechen. Mental wird das Gesagte nicht wirklich verarbeitet, da der Zuhörer bereits darauf bedacht ist, seine eigene Antwort zu verfassen und zu proben (Generalprobe). Als Redner könnt ihr diese Art des Zuhörens erkennen, noch bevor euer Gegenüber etwas sagt. In der Regel wird sich euer Gesprächspartner vorbeugen, kurz nicken oder sich Aufrichten und Luft holen. Eine mögliche verbale Einleitung folgt dann meist in Form einer Floskel wie zum Beispiel: „Da haben Sie recht, aber…“. In Verbindung mit der geschilderten Körpersprache deutet dieses Verhalten laut Weisbach darauf hin, dass ein echtes Zuhören nicht stattgefunden hat.

(2) Das aufnehmende Zuhören

Bei dieser Form des Zuhörens wird das Gesagte wahrgenommen und die Aufmerksamkeit des Gesprächspartners ist fokussiert. Oft wird das aufnehmende Zuhören durch Schweigen begleitet, ebenso wie durch einen gewissen Mangel an Körpersprache. Das Gehörte muss zunächst verarbeitet werden. Dies erkennt ihr an einem leichten und zustimmenden Nicken sowie einem direkten Blickkontakt oder auch an Füllwörtern wie etwa „Mmh“ oder „Ah ja“.

(3) Das umschreibende Zuhören

Um diese Form des Zuhörens zu beherrschen, bedarf es etwas Übung. Erfahrene Projektleiter versuchen diese Technik anzuwenden, wenn sie in Kundengesprächen sind. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit, das soeben Gehörte in eigenen Worten wiederzugeben. Die Schwierigkeit beim umschreibenden Zuhören ist, zunächst eure eigenen Ansichten und Meinungen zurückzustellen und erst einmal die Meinung eures Gesprächspartners zu verstehen. Ihr erkennt in der Körpersprache eures Zuhörers, dass er sich aktiv mit dem Inhalt des Gesprächs beschäftigt. Anzeichen dafür sind beispielsweise eine offene und zugeneigte Körperhaltung, viel Blickkontakt sowie eine aufmerksame Mimik.

(4) Das aktive Zuhören

Das aktive Zuhören ist die höchste Kunst des Zuhörens. Euer Gegenüber achtet nicht nur darauf, was ihr sagt, sondern auch darauf, wie ihr es sagt und wie sich eure Körpersprache verändert. Es geht hier darum, dem Gesprächspartner deutlich zu machen, dass ihr ihn nicht nur inhaltlich versteht, sondern auch die in der Sprache und dem Verhalten transportierten Empfindungen mitbekommt. Zu erkennen ist diese Form an den in Punkt 3 genannten Verhaltensweisen. Nämlich dass der Zuhörende versucht, die Körpersprache des Redners zu imitieren.

Tipps

Abschließend möchte ich euch noch einige Tipps geben, wie ihr selbst zu einem besseren Zuhörer werden könnt.

Fangen wir mit ein paar grundlegenden Dingen an. Wenn ihr euch mit jemandem unterhaltet und eurem Gegenüber zeigen möchtet, dass ihr die Unterhaltung genießt und den Inhalt versteht, solltet ihr folgende Punkte beachten:

  • Nehmt eine offene und entspannte Körperhaltung ein.
  • Setzt euch dem anderen direkt gegenüber und seht ihn an.
  • Lehnt euch leicht zu eurem Gesprächspartner.
  • Stellt Fragen, um Aussagen zu bestätigen oder klarzustellen.

Wichtig ist gerade beim letzten Punkt, dass ihr den Redner nicht willkürlich unterbrecht. Ihr solltet den Drang zu sprechen unterdrücken, bis ihr euch sicher seid, dass der andere fertig ist. Hier empfiehlt es sich im Zweifel einen Schluck zu trinken, um euch vom Reden abzuhalten. Die einzigen akzeptablen Gründe, jemanden zu unterbrechen, sind:

  • Um Punkte klarzustellen, die ihr nicht verstanden hab.
  • Um Aussagen zu bestätigen.

Aber selbst in diesen Fällen solltet ihr eure Zwischenrufe so kurz und prägnant wie möglich halten.

Einige Menschen haben Schwierigkeiten, sich auf das zu konzentrieren, was einem der Gegenüber sagt. Sie driften in Tagträume ab oder bereiten in Gedanken bereits ihre eigene Antwort vor. Um dieses Problem zu umgehen, sollte ihr versuchen, mit einem gewissen Ziel zuzuhören. Ihr könnt zum Beispiel versuchen, aus dem Gehörten bestimmte Informationen, Anweisungen oder Probleme herauszuhören. Ihr könnt ebenfalls versuchen, das Gesagte mental zu strukturieren, um eure eigene Aufmerksamkeit zu erhöhen. Das gelingt euch übrigens durch das Indizieren, Auflisten und Vergleichen der Informationen.

Um sich von seinen eigenen Gedanken nicht ablenken zu lassen, empfehle ich euch, eure ungeteilte Aufmerksamkeit dem Sprecher und nur dem Sprecher zu widmen. Hierzu könnt ihr versuchen, mit dem Redner Blickkontakt für mindestens fünf Sekunden zu halten.

Es kann vorkommen, dass das, was ihr hört, eine starke emotionale Reaktion in euch auslöst. Das kann dazu führen, dass die Bewertung des Gehörten und die eurer eigenen Antwort daraufhin nicht mehr objektiv ausfallen. Ihr solltet jedoch stets versuchen, mit einem offenen Geist eine Bewertung durchzuführen. Um dies zu erreichen, müsst ihr euch allerdings selbst gut kennen. Ihr solltet versuchen, euch selbst zu beobachten und auf Zeichen von Ärger, Langeweile oder Desinteresse zu achten. Ebenso solltet ihr auf Dinge achten, die euch an der Person des Redners irritieren und so beeinflussen können – beispielsweise eine schlechte Aussprache, ein Akzent oder ein eingeschränktes Vokabular.

Wenn euch der Artikel gefallen hat, ihr mehr zu diesem Thema erfahren oder mit mir eure Erfahrungen teilen möchtet, freue ich mich über eine Kontaktaufnahme. Gerne stelle ich euch das Thema auch persönlich ausführlicher vor – sei es im Rahmen eines Kurz-Workshops oder als Coach für spezielle Projektsituationen.

Hier geht es zu meinem letzten Blog-Beitrag.

Bild Matthias Joos

Autor Matthias Joos

Matthias Joos ist Projektmanager und IT Consultant bei adesso Schweiz. Er hat ein Diplom in Wirtschaftswissenschaften und ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner, PMP, sowie IREB-Requirements Engineer und ISTQB-Tester.

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