17. März 2016 von Gerrit Beine
Was lernen wir von Steve Jobs’ Gedanken zu Fahrrädern
In den siebziger Jahren untersuchten Wissenschaftler in einem Artikel im Scientific American die Effizienz der Fortbewegung verschiedener Lebewesen. Es ging dabei und die Frage, wie viele Kalorien ein Lebewesen benötigt, um eine bestimmte Strecke zurückzulegen im Verhältnis zu seinem Gewicht. Menschen schnitten dabei eher mittelmäßig ab, gewonnen hat der Kondor.
Der Mensch hat mit dem Fahrrad eine effizientere Methode der Fortbewegung entwickelt als sie durch die Evolution entstanden ist.
Nun kann man dieses Ergebnis schulterzuckend akzeptieren – oder man kann den Mensch auf ein Fahrrad setzen und schauen, wie er dann abschneidet. Und genau diese Idee hatte jemand. Das Resultat war überraschend: die Effizienz der Fortbewegung eines Menschen auf einem Fahrrad sprengte die Skala! Der Mensch hat mit dem Fahrrad eine effizientere Methode der Fortbewegung entwickelt als sie durch die Evolution entstanden ist. Eine erstaunliche Leistung, vor allem wenn man bedenkt, dass Flugzeuge, Autos oder ähnliche Fortbewegungsmittel nicht besser abschneiden als der laufende Mensch und vielfach deutlich schlechter als die meisten Pferderassen.
Steve Jobs war von dieser Erkenntnis über Fahrräder fasziniert und er vertrat lange Zeit die These, dass der Computer das nächste Fahrrad sei. Natürlich nicht in Bezug auf Fortbewegung, aber in Bezug auf intellektuelle Leistungen. Nun, wenn ich mich mit Siri unterhalte, bin ich mir da nicht so sicher, aber abgesehen davon ist die Leistung heutiger Computer geradezu grandios.
… und warum Scrum kein Übergewicht ansetzt
Agilität ist das Fahrrad der Softwareentwicklung, da bin ich ganz sicher.
Was das mit Agilität zu tun hat? Eine ganze Menge! Agilität ist das Fahrrad der Softwareentwicklung, da bin ich ganz sicher. Angenommen heute würden Wissenschaftler eine Studie starten, um zu untersuchen, wie viel Wert in einem Projekt erzeugt wird, in Abhängigkeit von der Arbeit, die investiert wurde, würden agile Wege alle anderen Methoden, Frameworks, Prozesse und Vorgehensmodelle in den Schatten stellen.
Ich selbst bin ja Bromptonaut, mein Faltrad kommt fast überall hin mit. Aber schon bei so einem Rad wird deutlich, wie viel Fahrräder und Agilität gemeinsam haben. Beides liefert mir zunächst einen Rahmen, den ich ausgestalten muss. Die Frage nach der Notwendigkeit von Beleuchtung oder einem Gepäckträger ist für Radfahrer so wichtig wie es die Frage der Notwendigkeit von Iterationen für agile Teams ist. Manchmal benötigt man sie, manchmal nicht. Das Schöne dabei ist, dass man wählen kann und sich sein Fahrrad genauso zusammenstellen kann wie die ideale agile Arbeitsweise. Dabei gilt: Alles kann, nichts muss. Am Ende ist es wichtig, dass die agilen Methoden, die man an den Rahmen montiert, dem Projekt helfen.
Agile Methoden verzichten dabei auf überflüssiges Gewicht (in Form von prozessrelevanten Artefakten, Methoden oder Werkzeugen) und erleichtern den Menschen die Arbeit durch schnelles Feedback für kleine Ergebnisse. Das ist ein bisschen wie Fahrrad zu fahren: Am Berg schaltet man runter, in der Ebene hoch. Alle treten gemeinsam in die Pedale und die Wirkung wird direkt in Wert übersetzt. Zur Not kann man sein Fahrrad auch mal eine Treppe hoch tragen – es ist leicht genug. Mit dem Auto wird das schwierig. Mit dem Wasserfall auch.
Und weil man als Entwickler in einem agilen Team auch noch Zeit hat, Fahrrad zu fahren, werden die Leute in agilen Teams nicht dick.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Kolumne „Meditations on Agile“ auf JAXenter.