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Siebzig Prozent aller KI-Projekte scheitern nicht an der Technologie, sondern am mangelnden Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer. Ich erkläre euch, was ihr als Change-Managerinnen und -Manager dagegen tun könnt.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Unternehmen investieren Milliarden in technisch ausgereifte KI-Systeme, doch rund siebzig Prozent aller KI-Implementierungen scheitern nicht an technischen Limitationen, sondern am mangelnden Nutzervertrauen und unzureichendem Change Management. Diese Diskrepanz zwischen technologischen Möglichkeiten und praktischer Realität ist eine der zentralen Herausforderungen unserer digitalen Transformation.

In einer aktuellen Studie haben wir bei adesso untersucht, welche Change-Management-Faktoren entscheidend für den Aufbau von Vertrauen in KI-Systeme sind. Die Erkenntnisse aus Experteninterviews mit KI- und Change-Management-Spezialisten zeigen: Erfolgreiche KI-Transformationen basieren auf vier tragenden Säulen.

Warum KI-Projekte besondere Change Herausforderungen schaffen

KI-Systeme unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen IT-Lösungen. Sie treffen autonome Entscheidungen, lernen kontinuierlich dazu und werden oft als „Black Box“ wahrgenommen. Diese Eigenschaften erzeugen neue Vertrauensbarrieren, die klassische Change-Management-Ansätze nicht berücksichtigen.

  • Kontrollverlust-Ängste: Mitarbeitende befürchten, dass KI-Entscheidungen unvorhersagbar oder unfair sind.
  • Arbeitsplatzunsicherheit: Die Sorge vor Jobverlust durch Automatisierung
  • Intransparenz: Die Logik hinter KI-Entscheidungen bleibt oft verborgen.

Während nur acht Prozent der Unternehmen Kernpraktiken für eine breite KI-Adoption nutzen, investieren neunzig Prozent der erfolgreichen Unternehmen über die Hälfte ihres Implementierungsbudgets in Change-Maßnahmen.

Die vier Säulen des KI-Vertrauensaufbaus

Unsere Analyse von Change-Management-Praktiken in KI-Projekten hat vier zentrale Erfolgsfaktoren identifiziert, die wir als die „vier Säulen des KI-Vertrauens” bezeichnen:

Säule eins: Kommunikationsstrategien als Vertrauensfundament
  • Transparenz und direkte Kommunikation sind die Grundlage für eine erfolgreiche Einführung von KI. Dabei geht es nicht nur um das WAS, sondern besonders um das WIE der Kommunikation.
  • Die Kopfstandmethode ist eine besonders wirkungsvolle Strategie, bei der gezielt kommuniziert wird, was KI nicht kann. „Was wird durch KI nicht passieren? Dafür braucht ihr euch jetzt nicht so zu fürchten.“ Diese umgekehrte Perspektive baut Vertrauen auf, indem sie überzogene Erwartungen korrigiert.
  • Bewusste Kanalwahl: Bei wirkungsreichen KI-Veränderungen ist persönliche Kommunikation über Führungskräfte digitalen Kanälen vorzuziehen. „Das alles sind Dinge, die ich eigentlich kurz, knapp und vor allen Dingen persönlich übermittelt bekommen will.“
  • Niederschwellige Informationsangebote: Schrittweise Heranführung durch kontinuierliche, kleine Informationshäppchen – vom Intranet-Artikel bis zum monatlichen Infostand in der Mensa.

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Säule zwei: Partizipative Ansätze als Vertrauensverstärker
  • Friendly Customers als Multiplikatoren: Die strategische Aktivierung positiv eingestellter Mitarbeitender als Vertrauensbotschafter erweist sich als besonders wirksam. „Man sucht sich diese Fokusgruppen heraus. Wir nennen sie innerhalb des Unternehmens immer ‚friendly customers‘.“
  • Co-Creation und Bottom-up-Entwicklung: Mitarbeitende entwickeln eigene KI-Use-Cases. „Dann haben sie super kreativ echt tolle Vorschläge für Use Cases ausgearbeitet, die von der Basis kamen.“
  • Konstruktiver Umgang mit Kritk: Anstatt Widerstand zu ignorieren, werden kritische Stakeholder proaktiv eingebunden. Und wie können wir damit umgehen?”
Säule drei: Leadership und Qualifizierung als Vertrauensmultiplikatoren
  • Bidirektionales Management-Buy-in: Für erfolgreiche KI-Projekte ist sowohl Top-down- als auch Bottom-up-Unterstützung erforderlich. „Ein Weg allein führt nicht zum Erfolg.“
  • Führungskräfte als direkte Vertrauenskanäle: Direkte Vorgesetzte genießen eine höhere Glaubwürdigkeit als das Top-Management: „Es ist besser, das über die Führungskräfte zu spielen, weil sie den Mitarbeitenden natürlich näher stehen.“
  • Hands-on-Training und experimentelles Lernen: Praktische KI-Erfahrungen sind besonders vertrauensbildend. „Was super bei uns angekommen ist, sind solche Hackathons, bei denen man mit verschiedenen KI-Modellen etwas bauen kann.“
Säule vier: Organisatorische Faktoren als strukturelle Vertrauensanker
  • Change Readiness Assessment: Systematische Bewertung der Veränderungsbereitschaft ermöglicht evidenzbasierte Strategien. „Wenn achtzig von hundert Befragten angeben, dass sie KI äußerst kritisch gegenüberstehen, dann wisst ihr ja schon, ihr müsst erstmal ganz viel in diese Vertrauensarbeit stecken."
  • Zeitfaktor und schrittweise Integration: Vertrauen braucht Zeit. „Es dauert irgendwie Jahre, Vertrauen aufzubauen, kann aber innerhalb von Sekunden irgendwie wegfallen."
  • Governance als Vertrauensanker: Klare Spielregeln schaffen Sicherheit: „Das sind so eure Spielregeln. Dann geht auch nichts kaputt."

Praktische Handlungsempfehlungen für Change-Managerinnen und -Manager

Sofort umsetzbar:

  • Implementiert die „Kopfstandmethode“ in eurer KI-Kommunikation
  • Identifiziert „Friendly Customers“ in verschiedenen Bereichen
  • Führt ein Change Readiness Assessment mit KI-spezifischen Fragen durch

Mittelfristig planbar:

  • Entwickelt Co-Creation-Formate für KI-Use-Case-Entwicklung
  • Etabliert Governance-Strukturen mit transparenten KI-Spielregeln
  • Qualifiziert Führungskräfte als KI-Vertrauensvermittler

Langfristig strategisch:

  • Plant ausreichend Zeit für nachhaltigen Vertrauensaufbau ein
  • Etabliert Support-Strukturen für kontinuierliche KI-Unterstützung
  • Integriert alle vier Säulen synergetisch in eurer Change-Strategie
Das ADKAR-Modell als bewährter Rahmen für KI-Projekte

Unsere Analyse bestätigt die Eignung des ADKAR-Modells (Awareness, Desire, Knowledge, Ability, Reinforcement) für KI-Change-Management. Die vier Säulen des KI-Vertrauens lassen sich nahtlos in die ADKAR-Komponenten integrieren und erweitern diese um KI-spezifische Aspekte.

Fazit: Vertrauen als Schlüssel zur KI-Transformation

Die erfolgreiche Einführung von KI-Systemen ist weniger eine technische als vielmehr eine menschliche Herausforderung. Die vier Säulen des KI-Vertrauens bieten Change-Managerinnen und Mangern einen praktischen Rahmen, um diese Herausforderung systematisch anzugehen.

Der Schlüssel liegt in der Integration: Isolierte Einzelmaßnahmen reichen nicht aus. Erfolgreiche KI-Transformationen entstehen durch die synergetische Anwendung aller vier Säulen – von transparenter Kommunikation über partizipative Ansätze bis hin zu struktureller Verankerung.

Bei adesso haben wir diese Erkenntnisse bereits in eigenen KI-Projekten angewendet und dabei erfahren: Investitionen in Change Management zahlen sich nicht nur in höherer Akzeptanz aus, sondern beschleunigen auch die Time-to-Value eurer KI-Initiativen erheblich.


Wir unterstützen euch!

adesso begleitet euch bei der Planung und Umsetzung eurer KI-Transformation. Wir helfen euch, die vier Säulen des KI-Vertrauens zu implementieren, Change-Management-Praktiken zu optimieren und Vertrauen bei euren Mitarbeitenden nachhaltig aufzubauen.

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Bild Simon Haacks

Autor Simon Haacks

Simon Haacks ist Senior Consultant bei adesso im Bereich Cross Industries. In seiner Rolle unterstützt er Unternehmen bei IT-Projektmanagement, Digitalisierungsprojekten und der erfolgreichen Einführung neuer Technologien in der Organisation.