26. August 2022 von Georg Benhöfer, Lars Zimmermann und Stephen Lorenzen
Grenzenloser Stromverbrauch ade
Wie die Neufassung des § 14 a EnWG unsere Gewohnheiten grundlegend verändern könnte
Nach einer langen und intensiven Arbeitswoche bleibt am Wochenende endlich Zeit für alles, was liegen geblieben ist. Im Anschluss an das ausgedehnte Samstagsfrühstück findet das Geschirr zusammen mit den Töpfen vom Vorabend seinen Weg in die Spülmaschine. Kurzer prüfender Blick, sie ist voll genug und zack, summt die Maschine vor sich hin. Den Wäscheberg übernimmt dankenswerterweise die Waschmaschine – also rein mit den Klamotten, Waschgang auswählen und Start. Jetzt nur noch kurz die Stühle hochstellen, damit der Saugroboter gute Arbeit leisten kann und wir uns mit dem ersten wohligen Gefühl getaner Arbeit dranmachen können, die langsam köchelnde Tomatensauce aufzusetzen.
Strom ist verfügbar, wann immer wir ihn brauchen. Man versucht hier und da Strom zu sparen, aber dass er prinzipiell verfügbar ist, ist seit vielen Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit, über die wir selten bis nie nachdenken. Dennoch wird Strom teurer. Auch und vor allem deshalb, weil wir bisher nie darüber nachdenken mussten. Mit der Neufassung des § 14 a EnWG, die zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, könnte sich dies schnell ändern. In unserem Blog-Beitrag fassen wir den Inhalt des Paragrafen zusammen.
Hintergrund
Wie in unserem erschienenen Blog-Beitrag erklärt, hat die Bundesregierung mit der Verabschiedung des Osterpakets eine Reihe regulatorischer Maßnahmen und Anpassungen auf den Weg gebracht. Teil dieses Pakets war auch die Neufassung des § 14 a EnWG zur netzorientierten Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen. Da das Stromnetz im Zuge der Energiewende und der damit einhergehenden Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch immer komplexer geworden ist, sollen Netzbetreiber nun die Möglichkeit erhalten, den Verbrauch steuerbarer Verbrauchseinrichtungen zu beeinflussen.
Was genau beinhaltet der § 14 a EnWG?
Der wesentliche Bestandteil der Neuerung betrifft die Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur (BNetzA). Die BNetzA kann durch eine Festlegung die Netzbetreiber und die Netzkundinnen und kunden dazu verpflichten, Vereinbarungen über die netzorientierte Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen oder von Netzanschlüssen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (steuerbare Netzanschlüsse) im Gegenzug für Netzentgeltreduzierungen abzuschließen. Netzbetreiber erhalten auf diese Weise eine Möglichkeit, steuerbare Verbrauchseinrichtungen oder steuerbare Netzanschlüsse netzdienlich zu steuern. Netzkundinnen und -kunden erhalten im Gegenzug eine Minderung der Netzentgelte.
Die BNetzA kann ferner festlegen, was in diesem Zusammenhang als steuerbare Verbrauchseinrichtung zählt. Das Gesetz macht hierzu lediglich einen Vorschlag, wonach darunter insbesondere private Ladepunkte für Elektromobile, Wärmepumpen, Anlagen zur Erzeugung von Kälte oder zur Speicherung elektrischer Energie und Nachtstromspeicherheizungen zu verstehen sind.
Wie kann der Verbrauch zukünftig gesteuert werden?
Zukünftig kann auf Grundlage des § 14 a EnWG auf drei unterschiedliche Arten eine netzorientierte Steuerung erfolgen: durch wirtschaftlichen Anreiz, Limitierung der Netzanschlussleistung und direkte Steuerung einzelner Verbrauchseinrichtungen.
Für einen wirtschaftlichen Anreiz können Netzbetreiber und Netzkundinnen und -kunden beispielsweise Vereinbarungen zu einem variablen Netzentgelt in Abhängigkeit der Tageszeit treffen. Bei der Limitierung der Netzanschlussleistung kann für einen Netzanschluss ein Leistungslimit festgelegt werden, das die Netzkundinnen und -kunden dann eigenständig einhalten müssen. Während der direkten Steuerung einzelner Verbrauchseinrichtungen kann der Netzbetreiber gezielt einzelne Anlagen im Sinne eines netzorientierten Einsatzes schalten.
Das EnWG weist in dem neugefassten § 14 a darauf hin, dass die BNetzA zusätzlich festlegen kann, dass die direkte Steuerung einzelner Verbrauchseinrichtungen erst nach erfolglosem Einsatz der wirtschaftlichen Anreize zum Einsatz kommen darf.
Smart Meter Gateway als zentrale Schnittstelle
Neben den eigentlichen Instrumenten zur Steuerung des Verbrauchs beinhaltet der § 14 a EnWG auch eine klare Vorgabe zur Nutzung des Smart Meter Gateways (SMGW). Während das Vorhandensein eines SMGW keine Voraussetzung für den Einsatz der steuernden Maßnahmen ist, ist andersherum die Verwendung des SMGW zur Steuerung verpflichtend, sobald die Messstelle mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet wurde.
Fazit
Die Neufassung des § 14 a liest sich wie ein weiterer großer Schritt in Richtung eines erzeugungsorientierten Verbrauchs. Konkret wird es nun auf die Ausgestaltung des Instruments ankommen. Da die Neuerung zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, ist damit zu rechnen, dass die BNetzA bereits dieses Jahr mit der Ausarbeitung einer ersten Festlegung beginnt.
Der § 14 a kann für viele Akteure weitreichende Folgen haben und echte Bewegung in den Markt bringen. Neben der Tatsache, dass Verbrauchseinrichtungen steuerbar gemacht sein müssen (Stichwort: Smart Meter Rollout), muss die netzorientierte Steuerung der Netzbetreiber softwaregestützt bewältigt und überwacht sowie müssen Preissignale flexibel und zeitnah an Kundinnen und Kunden und Märkte übermittelt werden.
Ebenfalls dürfte das Submetering stark an Bedeutung gewinnen. Denn bei einer Limitierung der Netzanschlussleistung kommt es wesentlich auf ein kluges Energiemanagement hinter der Messstelle an.
Wann wir die Neuerung in unserer Wochenendroutine wirklich spüren werden und beispielsweise auf das gleichzeitige Einschalten von Geschirrspüler, Waschmaschine und Saugroboter verzichten, ist kaum vorherzusagen. Sicher scheint aber, dass es hierbei nur noch um das Wann und nicht mehr um das Ob geht.
Wir sind gespannt auf die Ausgestaltung der BNetzA und freuen uns darauf, die kommenden Anforderungen gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden umzusetzen!