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Der Green Deal der EU sorgt bis 2027 für Investitionen bis zu 1.824 Milliarden Euro, mit dem Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Hier könnte dieser Artikel bereits enden. Wir – Staat, Gesellschaft und Unternehmen - suchen dringend nach Wegen zur Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele. Wer mit neuen, innovativen und nachhaltigen Lösungen einen Beitrag leistet, profitiert auch wirtschaftlich. Hohe Investitionssummen und Subventionen sind jedoch nicht der einzige Grund für Unternehmen, Nachhaltigkeit zukünftig als Werttreiber zu verstehen.

Was hat Innovation mit Nachhaltigkeit zu tun?

Der Blog-Beitrag „Nachhaltigkeit verstehen“ zeigt, wie wir Nachhaltigkeit objektivierbar machen, um informierte Entscheidungen zu treffen. Mit Verständnis allein ist aber noch keine Nachhaltigkeit geschaffen. Der Blog-Beitrag „Nachhaltigkeit umsetzen“ zeigt deshalb, was nötig ist, um von der Erkenntnis in die Umsetzung zu kommen. Diese beiden Schritte sind im Grunde die Mindestanforderungen, wenn man sich kommende gesetzliche Vorschriften und Kundenbedürfnisse anschaut. Im heutigen Blog-Beitrag „Nachhaltigkeit nutzen“ geht es deshalb darum, wie Nachhaltigkeit nicht nur als Compliance-Thema, sondern als echter Werttreiber und zukünftig als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg wirkt.

Was sind nachhaltige Geschäftsmodelle?

Wirtschaftliche Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit bedingen einander. Nur wer langfristig nachhaltig agiert und einem sich ändernden gesellschaftlichen Umweltbewusstsein gerecht wird, ist auf die Dauer erfolgreich. Denn eins ist klar: Bei Nachhaltigkeit handelt es sich neben dem aktuell größten Megatrend auch um eine Kehrtwende. Wir werden nicht wieder in eine Zeit zurückkehren, in der Unternehmen sich ungestraft ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen. Aber das darf auch nicht das Ziel sein. Denn Innovation, Wohlstand und Wirtschaftswachstum sind langfristig nicht ohne die Einhaltung der planetaren Grenzen möglich. Unternehmen müssen externe Kosten internalisieren, um Nachhaltigkeit in ihr Geschäftsmodell zu integrieren. Das heißt, die tatsächlichen Kosten – etwa in Form von Luftverschmutzung, Klimawandel oder Sachschäden bei Naturkatastrophen – durch unternehmerische Aktivitäten, im Business Case zu berücksichtigen.

Gleichzeitig ist die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele das größte ungelöste Problem unserer Zeit. Wer es schafft, hier einen echten Wertbeitrag mit neuen innovativen Lösungen zu schaffen, kann im Zuge dessen ein profitables Geschäftsmodell und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sicherstellen. Unternehmen, die es schaffen, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu erzeugen, etwa indem sie zur Verringerung der Luftverschmutzung, zur Aufklärung von Menschen über Nachhaltigkeit, zur Dekarbonisierung der Wirtschaft oder zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen, können und müssen dies auch monetarisieren.

Warum Technologie für Nachhaltigkeit?

Die Umweltauswirkungen digitaler Technologien sind wie in diesem Blog-Beitrag betrachtet verhehrend und müssen dringend reduziert werden. Vor allem bietet Technologie aber das Potenzial, die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen zu ermöglichen. Technologie kann die Nachhaltigkeitstransformation beschleunigen und die Vereinbarkeit der Dekarbonisierung mit einem hohen Lebensstandard sicherstellen. Dabei helfen digitale Technologien, indem sie uns ermöglichen, Nachhaltigkeit zu verstehen (Nachhaltigkeitsdaten), mit effektiven und effizienten Prozessen und Systemen Nachhaltigkeit umzusetzen und Nachhaltigkeitsinnovationen als Werttreiber zu nutzen.

Was sind Nachhaltigkeitsinnovationen?

Wir verfügen heute über das Wissen und die Technologie, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Wir wissen, wie wir Treibhausgase reduzieren, umweltbewusst handeln und Energie sparen können. Weniger Inlandsflüge, Abfälle fachgerecht entsorgen, erneuerbare Energien nutzen und defekte Geräte reparieren sind Beispiele, die zeigen, dass Nachhaltigkeit machbar ist. Unser Problem ist nicht Wissen, sondern Umsetzung. Viele empfinden Nachhaltigkeit als unbequem und fürchten den Verlust ihres Lebensstandards. Nachhaltigkeitsinnovationen sollten daher nicht nur die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beschleunigen, sondern auch einen hohen Lebensstandard sichern. Technologie kann hier einen Beitrag leisten, etwa durch Abbau von Informationsasymmetrien, effizientere Ressourcenverteilung und partizipative Entscheidungsprozesse. Besonders wertstiftend sind digitale Technologien jedoch, wenn sie Friktionen abbauen und Nachhaltigkeit einfacher gestalten.

In dem Zusammenhang ist bei adesso „Wir machen das einfach“ ein geflügelter Ausruf. Häufig ist damit ein gesunder Pragmatismus á la „nicht lang fackeln“ gemeint. Aus einer User-zentrierten Sicht sollte dieser Ausruf aber vor allem als der Wunsch nach Einfachheit verstanden werden. Wir machen das einfach, also einfach verständlich/umsetzbar/nutzbar. Wenn wir es schaffen, Nachhaltigkeitsinnovationen so zu gestalten, dass sie wirklich einfach sind, können wir zur Lösung des Umsetzungsproblems beitragen.

Was sind konkrete Beispiele für Nachhaltigkeitsinnovationen?

Handels-, Tausch- und Sharing-Plattformen, konkreter eBay Kleinanzeigen, nebenan.de oder foodsharing.de - diese Art von digitalen Marktplätzen macht es Menschen einfach, nachhaltig zu agieren. Aber auch Ecosia, Enpal oder die GLS Bank, also eine nachhaltige Suchmaschine, ein Anbieter für Photovoltaik-Anlagen und eine nachhaltige Genossenschaftsbank, machen es Menschen leichter, sich für eine nachhaltige Alternative zu entscheiden. Tägliche Aktivitäten wie die Online-Suche mit Nachhaltigkeit zu verbinden, ohne Expertise regional nachhaltige Energie zu unterstützen oder an Kapitalallokationen für Nachhaltigkeit teilzuhaben  diese Dinge waren noch nie so einfach und gleichzeitig steckt hinter jedem dieser Angebote ein tragfähiges Geschäftsmodell. Sie ermöglichen es uns, gewohnte Verhaltensweisen – googlen, Strom verbrauchen, Bankgeschäfte tätigen – wie selbstverständlich nachhaltiger zu machen.

Wo braucht es mehr Nachhaltigkeitsinnovationen?

Viele wichtige Technologien zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele – erneuerbare Energien, Smart Grids, Sustainable Farming – sind bereits vorhanden. Dennoch gibt es bisher ungelöste Herausforderungen, bei denen Technologie ein entscheidender Lösungsbaustein wird. Einige Bereiche, die Forschung und Wissenschaft aktuell noch vor große Herausforderungen stellen, sind:

  • Kreislaufwirtschaft: Handels-, Tausch und Sharing-Plattformen sind bereits ein erster Schritt für mehr Zirkularität. Um eine skalierungsfähige und gesundheitsschonende Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen, braucht es jedoch noch mehr. Von digitalen Produktpässen, die Auskunft über Recycling-Eigenschaften geben, über Roboter, die Materialen extrahieren, bis zum Tracking von Abfallströmen sind digitale Technologien ein kritischer Enabler der Kreislaufwirtschaft.
  • Energiespeicher: Um den steigenden Bedarf an erneuerbaren Energien zu decken und Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, sind effiziente Energiespeicher unverzichtbar. Sie ermöglichen es, Energie in Zeiten hoher Produktion zu speichern und bei Bedarf wieder abzugeben. Digitale Technologien spielen eine entscheidende Rolle bei der Optimierung und Steuerung dieser Speichersysteme. Intelligente Algorithmen und vernetzte Sensoren sorgen für die effektive Nutzung von Batterien, thermischen Speichern und Pumpspeicherkraftwerken. Zudem fördern digitale Plattformen den Austausch von Energie zwischen Erzeugern, Speichern und Verbrauchern, wodurch ein dezentrales und flexibles Energiesystem entsteht. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Materialien und Softwarelösungen trägt dazu bei, die Speicherkapazität und -effizienz weiter zu erhöhen und somit die Integration erneuerbarer Energien in das Energiesystem zu beschleunigen.
  • Resilienz: Selbst in optimistischen Szenarien zur Erreichung der Klimaziele werden die bisherigen Versäumnisse im Klimaschutz langfristige negative Auswirkungen haben. Die Fluten im Ahrtal 2021 oder in Pakistan 2022 sind zwei plakative Beispiele für Ereignisse, die sich in Zukunft häufen werden – eine Entwicklung, die sich nicht mehr einfach aufhalten lässt. Unsere Infrastruktur muss adaptiver, die Vorhersagesysteme müssen besser und die Reaktionsfähigkeit muss schneller werden. Durch Modellierung, Monitoring und Vernetzung können digitale Nachhaltigkeitsinnovationen einen entscheidenden Beitrag zu diesen Herausforderungen leisten.

In diesen Bereichen können nicht nur Start-ups und Digital-Native-Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Insbesondere anerkannte Unternehmen müssen sich hier positionieren, um bestehende Kernkompetenzen für die Etablierung neuer Umsatzquellen zu nutzen und einen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu leisten. Ein etwas selbstreferenzielles Beispiel ist die adesso-Ausgründung Urban Energy. Dort haben wir als adesso unsere Kernkompetenz Softwareentwicklung mit den Themen Nachhaltigkeitsprobleme und CO2-Management für Immobilien verbunden und so ein neues Geschäftsmodell mit Nachhaltigkeit geschaffen. Mehr zum Einsatz von digitalen Technologien für mehr Nachhaltigkeit gibt es in diesem Blog-Beitrag.

Was haben Unternehmen von digitaler Nachhaltigkeit?

Aktuell gilt Nachhaltigkeit noch als Differenzierungsmerkmal für Unternehmen. Wer sich authentisch nachhaltig positioniert, wird von Konsumentinnen und Konsumenten, Arbeitnehmenden, Investorinnen, Investoren und Auftraggebenden eher wahrgenommen. Mittelfristig werden aber vor allem jene Unternehmen auffallen, die nicht wirklich nachhaltig agieren. Noch besteht also ein First Mover Advantage. Unternehmen, die sich früh wirklich nachhaltig positionieren, müssen sich weniger Gedanken über kommende Regulatorik und Druck vom Markt machen, sie können mitgestalten. Wer allerdings zu lange wartet, läuft Gefahr, am Ende nur noch den Kundenbedürfnissen und der Regulatorik hinterherzulaufen.

Bild Yelle Lieder

Autor Yelle Lieder

Yelle Lieder ist Green IT Lead bei adesso. Als Teil des CIO Advisory Competence Centers konzentriert er sich auf Strategien zur Messung und Reduzierung der Umweltauswirkungen von IT-Systemen sowie auf den Einsatz von Technologie zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen.

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