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Stellt euch mal vor, ihr sonnt euch im Sommer auf eurem Balkon und genießt dabei ein kaltes Getränk aus dem Kühlschrank und zeitgleich erzeugt ihr Strom. Und was ihr dafür braucht, sind ein Balkon oder eine Terrasse und ein Baukasten für ein sogenanntes Balkonkraftwerk.

Doch inwiefern unterscheidet sich ein Balkonkraftwerk von einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach? Ein Balkonkraftwerk und eine PV-Anlage sind beides Arten von Solaranlagen, die Strom aus Sonnenenergie erzeugen. Der Hauptunterschied besteht jedoch in Größe und Leistung. Ein Balkonkraftwerk ist in der Regel kleiner, die maximale Leistung beträgt 600 Watt (Wechselrichterleistung), daher ist es eher für den Eigenbedarf geeignet. PV-Anlagen hingegen sind oft auf Dächern von Gewerbe- oder Industrieanlagen oder auf Freiflächen installiert. Aufgrund ihrer Größe und der damit einhergehenden höheren Leistung wird der Strom, der in PV-Anlagen erzeugt wird, oftmals nicht nur für den Eigenbedarf verwendet, sondern in das Stromnetz eingespeist.

Eigener Strom von Balkonien

Solarstrom selbst zu produzieren ist ganz einfach. Die Lösung: ein Balkonkraftwerk. Ein Balkonkraftwerk ist eine Art von Mini-Solaranlage, die auf einem Balkon oder einer Terrasse installiert werden kann. Es besteht aus einer Reihe von Solarmodulen (bestehend aus Photovoltaikzellen), die zusammen mit einem Wechselrichter und anderen Komponenten arbeiten, um elektrischen Strom aus Sonnenlicht zu erzeugen. Der erzeugte Gleichstrom wird durch den Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt. Das Solarmodul ist über einen Stecker in der Steckdose mit dem Stromnetz der Wohnung verbunden. So kann der selbst produzierte Wechselstrom direkt den Kühlschrank, Fernseher oder andere stromnutzende Geräte versorgen. In diesem Fall wird weniger Strom vom Stromlieferanten bezogen, das heißt, der Stromzähler dreht sich langsamer. Aber keine Sorge, bei einer Wolke oder dunklen Tagen, an denen das Balkonkraftwerk wenig bis gar keinen Strom produziert, liefert euch euer Stromversorger wie gewohnt den Strom. Mit Hilfe einer Batterie kann ein Balkonkraftwerk aber auch an solchen Tagen Strom produzieren. Denn an sonnenintensiven Tagen kann in Kombination mit einer Batterie der Strom für später gespeichert werden. Mittels eines Reglers wird dafür gesorgt, dass die Leistung des Balkonkraftwerkes im optimalen Bereich bleibt, und gleichzeitig schützt der Regler vor Überlastung oder Überhitzung.

Darf ich als Mieterin oder Mieter ein Balkonkraftwerk einfach installieren? Was muss berücksichtigt werden?

Als Mieterin oder Mieter gibt es einige wichtige Faktoren, die bei der Installation eines Balkonkraftwerks zu berücksichtigen sind:

  • Erlaubnis der Vermieterin oder des Vermieters: Bevor ihr mit der Installation beginnt, solltet ihr die Erlaubnis der Vermieterin oder des Vermieters einholen. Dies ist besonders wichtig, da die Installation von Balkonkraftwerken in manchen Fällen verboten sein kann oder besondere Genehmigungen erfordert. Um auf der sicheren Seite zu sein, sprecht mit eurer Vermieterin oder eurem Vermieter.
  • Gewicht und Belastbarkeit des Balkons: Balkonkraftwerke können ein gewisses Gewicht haben. Es muss sichergestellt werden, , dass der Balkon das Gewicht und die Belastung aushalten kann. Auch hier kann euch eure Vermieterin oder euer Vermieter weiterhelfen.
  • Leistungsanforderungen: Überlegt euch, wie viel Strom ihr erzeugen möchtet, und wählt dementsprechend das Balkonkraftwerk aus. Auch hier sind der Standort und die Neigung der Anlage relevant. Empfehlenswert ist eine senkrechte Installation der Anlage an einem südwestlich bis südöstlich ausgerichteten Balkongeländer. Die senkrechte Montage ermöglicht in den Wintermonaten die Optimierung der nutzbaren Energie und reduziert gleichzeitig die nicht verwendbaren Leistungsspitzen in den Sommermonaten. In Deutschland ist ein Neigungswinkel von 35 Grad optimal. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Neigungswinkel in Abhängigkeit von der Jahreszeit und der Lage des Balkons variiert werden sollte, um die maximale Leistung zu erzielen. Ungeeignete Orte sind hingegen Balkonnischen mit wenig bis kaum Sonneneinstrahlung, eine Wand mit darüberliegenden Stockwerken und Plätze mit Schatten durch Bäume oder ein Nachbargebäude.
  • Kosten: Seid euch der Kosten für die Anschaffung und Wartung bewusst. Plant auch Kosten für mögliche Reparaturen ein. Im Durchschnitt betragen die Kosten für ein Balkonkraftwerk zwischen 1.500 und 3.000 Euro. Diese Kosten umfassen in der Regel die Solarmodule, den Wechselrichter, den Regler und die Montage. Für die Installation müsst ihr nicht zwangsläufig Kosten einplanen, denn ein Balkonkraftwerk ist so modular aufgebaut, dass ihr es selbst aufstellen könnt. Dafür braucht ihr auch keine besonderen Fachkenntnisse. Die Kosten nur für die Solarmodule, den Wechselrichter, Halterungen und Stromkabel fangen bei circa 700 Euro an. Für einen besseren Vergleich ist es empfehlenswert, sich Angebote von mehreren Anbietern geben zu lassen.
  • Rechtliche Anforderungen: Es gibt möglicherweise bestimmte lokale und nationale Gesetze und Vorschriften, die befolgt werden müssen, um ein Balkonkraftwerk zu installieren. In jedem Fall müsst ihr bei eurem Netzbetreiber sowie der Bundesnetzagentur euer Balkonkraftwerk anmelden. Die meisten Stromversorger haben hierfür bereits Musterformulare auf ihren Websites. Alternativ könnt ihr euch auch bei der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie informieren. Sollte eure Anlage größer als 600 Watt sein, dann muss eine Elektrikerin oder ein Elektriker hinzugezogen werden. Allgemein sollte eure Anlage die VDE-Standards gem. VDE-AR-N 4105:2018-11 erfüllen.
  • Förderungen: In einigen Städten werden die Balkonkraftwerke gefördert. So wird beispielsweise in Freiburg eine Anlage mit dem Programm „Stromerzeugung erneuerbar“ mit bis zu 200 Euro unterstützt. In Erlangen beträgt die Förderung sogar bis zu 300 Euro. Die Förderungen sind jedoch je nach Stadt und Bundesland unterschiedlich.

Was sind die Vor- und Nachteile von Balkonkraftwerken?

Die Vorteile eines Balkonkraftwerks:
  • Platzsparend: Balkonkraftwerke können auf einer begrenzten Fläche installiert werden und benötigen somit weniger Platz als große Solaranlagen.
  • Kosteneffizient: Balkonkraftwerke sind in der Regel kleiner und einfacher als große Solaranlagen, was sie kosteneffizienter macht.
  • Unabhängigkeit von Stromversorgung: Indem ihr Strom selbst erzeugt, könnt ihr unabhängiger von der öffentlichen Stromversorgung werden.
  • Umweltfreundlich: Die Nutzung von Sonnenenergie für die Stromerzeugung ist eine umweltfreundliche Alternative zur Nutzung von fossilen Brennstoffen. Hinzukommt, dass bei einem Umzug das Balkonkraftwerk einfach abgebaut und transportiert werden kann. Somit besteht auch in der neuen Wohnung oder im neuen Haus die Flexibilität, den Strom für den Eigenbedarf selbst zu erzeugen. Es muss also keine neue Anlage gekauft werden.
Nachteile eines Balkonkraftwerks:
  • Begrenzte Leistung: Balkonkraftwerke sind in der Regel kleiner und haben daher eine geringere Leistung als große Solaranlagen.
  • Abhängigkeit von Wetterbedingungen: Die Stromerzeugung durch ein Balkonkraftwerk hängt von den Wetterbedingungen ab, insbesondere von der Menge an Sonnenlicht.
  • Hohe Anfangsinvestition: Obwohl Balkonkraftwerke langfristig kosteneffizient sein können, kann die Anfangsinvestition im Vergleich zu anderen Energiequellen hoch sein.
  • Einschränkungen durch Wohnungseigentümerinnen oder -eigentümer: In manchen Fällen kann es Einschränkungen durch Wohnungseigentümerinnen- und eigentümer oder durch Vermieterinnen und Vermieter geben, die die Installation von Balkonkraftwerken verbieten oder einschränken.

Balkonkraftwerke – die Zukunft einer dezentralen Stromversorgung aus eigener Hand?

Derzeit gibt es bereits circa 190.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 66 Megawatt (MW) und bereits um die 190 Anbieter für Balkonkraftwerke. Zu den bekanntesten Anbietern zählen priwatt, PluginEnergy oder Alpha Solar. Bevor ihr euch ein Balkonkraftwerk zulegt, informiert euch bei mehreren Anbietern und vergleicht die Angebote.

Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass ein Balkonkraftwerk einen Beitrag zur Energiewende leistet. Es wird Sonnenenergie als Energiequelle genutzt, damit sinkt die Nachfrage für Strom aus Braunkohle, Gas oder Atomkraft. Durch den einfachen, modularen Aufbau könnt ihr eure Anlage flexibel auf- und abbauen und müsst sie nicht jedes Mal neu kaufen, wenn ihr umziehen solltet. Außerdem erhöht ihr damit eure Energieeffizienz. Durch die Nutzung von selbst erzeugtem Strom werden die Kosten für den Strombezug reduziert. Zudem seid ihr unabhängiger von eurem Energieversorger und ihr leistet durch die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien aktiv einen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen.

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Autorin Ellen Szczepaniak

Ellen Szczepaniak ist eine erfahrene Projektmanagerin mit Schwerpunkt in der Beratung von Unternehmen der Energiewirtschaft. In ihren Projekten hat sie sowohl Erfahrungen als Requirements Engineer und Scrum Master im agilen Umfeld als auch als Interaction Room Coach und Managementberaterin in klassischen Projekten gesammelt. Sie zeichnet sich insbesondere durch ihre strukturierte und analytische Vorgehensweise sowie ihre Expertise im Kontext der Energiewirtschaft und Elektromobilität aus.

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Autor Simon Bächle

Simon Bächle ist Berater für die Line of Business Utilities bei adesso. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden das agile Projektmanagement sowie die Anwendung von Data Science in der Energiewirtschaft. Darüber hinaus beschäftigt er sich als Business Analyst im Forschungsprojekt VideKIS mit der Entwicklung eines neuartigen virtuellen Kraftwerks.

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Autorin Zoe Holdt

ist Beraterin für die Line of Business Utilities bei adesso und begleitet agile wie auch klassische Projekte in der Energiewirtschaft. Neben dem Projektgeschäft treibt sie die Entwicklung des Themenschwerpunkts Wasserstoff bei adesso weiter voran.

Kategorie:

Branchen

Schlagwörter:

Energiewirtschaft

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