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Die Bedeutung eines (aktiven) Online Reputation Managements

Unternehmen, deren Geschäft hauptsächlich im B2C-Bereich angesiedelt ist, sind zunehmend von der Meinungsbildung und -mitteilung ihrer Kundinnen und Kunden im Internet abhängig. Wer von uns schaut nicht vor einer Hotelbuchung auf HolidayCheck oder TripAdvisor vorbei oder liest sich die Google-Rezensionen der Autowerkstatt vor einer Reparatur durch? Welche Bedeutung hat das Online Reputation Management, also das Management von Bewertungen und Meinungen, für Unternehmen? Wie können auch große Firmen die Oberhand und Kontrolle darüber behalten und es aktiv managen? Und welche Tools und Systeme kommen hier wie dort zum Einsatz?

Was ist Online Reputation Management?

Online Reputation Management (ORM) beschreibt das methodengestützte und strukturierte Vorgehen zur Verbesserung der Unternehmenswahrnehmung im Internet. Zudem ist es eine Disziplin des Marketings sowie auch eng verbunden mit dem Customer Relationship Management (CRM). Zum ORM zählen viele Methoden und Vorgehensweisen, wie zum Beispiel auch das automatische Scannen von Foren und Blogs oder das Moderieren und Reagieren in den Sozialen Netzwerken.

In meinem Blog-Beitrag beziehe ich mich hauptsächlich auf das Management von Bewertungsportalen - beispielsweise TripAdvisor, HolidayCheck und natürlich auch die Rezensionen auf Google. Diese Bewertungen (auch Reviews) haben direkten Einfluss auf das Ranking der Dienstleistung auf diesen Seiten. Welche Key Performance Indicators (KPIs) hierfür eine Rolle spielen, erkläre ich euch im weiteren Verlauf.

Bewertungen und Meinungen von Usern und Kundinnen und Kunden haben hauptsächlich zwei Nutzen für Unternehmen: Marketing und Feedback. Gute Bewertungen und Reviews können potenzielle Kunden überzeugen, das bewertete Produkt oder speziell auch eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Bei Dienstleistungen spielen Rezensionen von Kunden eine ganz spezielle Rolle, denn die Leistung wird in dem Moment produziert, in dem sie konsumiert wird. Produkte können bei Missfallen meist zurückgegeben werden. Das geht bei Dienstleistungen nicht, daher verlassen sich viele auf die Rezensionen und Erfahrungen vorheriger Kundinnen und Kunden. Wird eine Leistung negativ bewertet, können Unternehmen dieses Feedback ebenfalls verwenden. Vorausgesetzt, der Grund für die Bewertung ist angegeben.

Relevante Kennzahlen

Unternehmen sollten ihr ORM aktiv und zielgerichtet managen. Hierfür gilt es, die relevanten KPIs zu beachten und diese direkt oder indirekt zu beeinflussen.

Direkt beeinflussbare KPIs:

  • Response Rate: Anzahl der beantworteten Reviews / Gesamtanzahl der Reviews
  • Response Time: Durchschnittliche Dauer für die Beantwortung einer Review

Besonders auf negative Reviews sollten Mitarbeitende schnell, freundlich und lösungsorientiert antworten. Die meisten Bewertungsportale lassen direkte Antworten von Unternehmen zu, sodass andere User diese sehen können. Zudem sollten Unternehmen einer kritischen Kundschaft eine Lösung des Problems oder einen persönlichen Austausch anbieten.

Indirekt beeinflussbare KPIs:

  • Anzahl der Reviews
  • Review Rate: Meist eine Sterne- oder Punktebewertung
  • Net Promoter Score (NPS): Kennzahl zu Messung der Kundenzufriedenheit
  • Sentiment Score: Prozentuale Kennzahl, wie positiv in einem Bewertungstext über einen bestimmten Aspekt geschrieben wird

Um die Anzahl der Reviews zu erhöhen, setzen viele Unternehmen auf E-Mail-Kampagnen, die nach der Leistungserbringung versendet werden und die eine Aufforderung enthalten, die Dienstleistung zu bewerten. Besonders Hotels setzen auf die sogenannten Post-Stay-E-Mails. Oft lassen sich die Ergebnisse der Umfragen direkt in die E-Mail einbinden und werden nach Beantwortung auf dem verknüpften Bewertungsportal veröffentlicht. So können Unternehmen ihre Kundschaft dazu animieren, die Leistungen zu bewerten. Denn negative Erfahrungen werden öfter veröffentlicht als positive beziehungsweise durchschnittliche Erfahrungen.

Der Net Promoter Score (NPS) ist eine Kennzahl, die die Kundenzufriedenheit über eine Frage ermittelt. Meist handelt es sich bei der Frage um die Weiterempfehlungsrate, es können aber auch andere Fragen zur Zufriedenheit gestellt werden. Basis für die Berechnung stellt eine Skala von 0 bis 10 dar, auf der Kundinnen und Kunden die Wahrscheinlichkeit ihrer Weiterempfehlung bewerten sollen. Die Kunden werden darauf basierend in drei Kategorien eingeteilt:

Detraktoren (0-6): Diese werden das Unternehmen nicht weiterempfehlen und wahrscheinlich Freunden und Bekannten davon abraten. Diese Gruppe schreibt negativ über das Unternehmen und dessen Services.

Indifferente (7-8): Diese Gruppe ist nicht besonders unzufrieden, würde das Unternehmen aber nicht weiterempfehlen. Sie sind als neutral anzusehen. Deswegen können sie in der NPS-Berechnung vernachlässigt werden.

9-10: Promoter: Die sogenannten Promoter empfinden das Unternehmen als sehr positiv und empfehlen es höchstwahrscheinlich in ihrem Bekanntenkreis weiter.

Der NPS ergibt sich aus der Berechnung NPS = Promoter (%) – Detraktoren (%) und kann zwischen -100 und +100 liegen.

Zunächst sagt der NPS nichts anderes, als dass das betreffende Unternehmen – je nach Frage – eine loyalere oder unzufriedenere Kundschaft hat. Nur im Vergleich zu anderen Unternehmen und über einen längeren Zeitraum können wichtige Informationen daraus gewonnen werden. Zum Beispiel haben Amazon oder Harley-Davidson die weltweit höchsten NPS-Werte mit Werten zwischen 70 und 80. Die blinde Jagd nach dem höchsten Wert ist jedoch nicht vorteilhaft. Es ist viel wichtiger, den NPS-Wert stetig zu erhöhen.

Eine Sentiment Analyse („sentiment“ englisch für „Stimmung“) ist eine KI-gestützte Methode, mit deren Hilfe man den emotionalen Ton in Texten – beispielsweise in Kundenrezensionen – automatisch identifizieren und aus großen Mengen von Kundendaten schnelle Einblicke in Echtzeit gewinnen kann. Die Sentiment Analyse erkennt automatisch Emotionen und Meinungen, indem ein bestimmter Text als positiv, negativ oder neutral klassifiziert wird. Aber wie geht das? Grundsätzlich kombiniert es zwei Teilbereiche der KI: Natural Language Processing (NLP) und Machine Learning. Anhand der Klassifizierung der Stimmung zu einem bestimmten Produkt oder branchenspezifischen Schlagwort lässt sich dann ein Score ermitteln. In vielen ORM-Systemen ist die Sentiment Analyse fester Bestandteil. Aber was können die Systeme noch?

Tools und Systeme

Wenn man sich nun die ORM-Systeme auf dem Markt anschaut, erkennt man, dass es Standalone- (also unabhängige) Systeme und -Module der CRM-Systeme gibt. Die Standalone-Tools bieten häufig eine Schnittstelle zu den gängigen CRM-Systemen an. Wichtig sind vor allem die Integrationen zu den Bewertungsplattformen. Denn alle Bewertungen – egal ob auf Google oder einer branchenspezifischen Bewertungsplattform – laufen im ORM zusammen, um dem Unternehmen das Reporting, aber vor allem auch die Beantwortung der Bewertungen zu erleichtern. Die Integration zum CRM-System wird dann interessant, wenn Bewertungen eines Kunden in dem Kundenprofil im CRM hinterlegt werden können. So kann beim nächsten Kundenkontakt darauf eingegangen werden und bestenfalls die Bindung zwischen Kunde und Unternehmen gestärkt werden. Die großen allgemeinen CRM-Systeme haben ORM längst integriert. Salesforce bietet verschiedene Module über den AppExchange an. Aber auch Microsoft bietet einige Integrationen über seine AppSource an. Im November kaufte SAP das amerikanische Unternehmen Qualtrics und erweiterte so das Portfolio im Experience Management, zu dem auch ORM zählt.

ORM hilft Konsumentinnen und Konsumenten bei der Kaufentscheidung und ist gleichzeitig ein Gradmesser für Unternehmen. Alle Touchpoints der Customer Journey können mit gut durchdachtem ORM bedient werden. Neukunden werden durch authentisches Auftreten der Unternehmen gewonnen und Bestandskunden werden durch eine gefestigte Bindung zum Unternehmen gehalten. Die Chance, aus Bestandskunden Stammkunden bis hin zu Promotoren zu entwickeln, steigt.

Bild Marty   Kostmann

Autorin Marty Kostmann

Marty Kostmann ist Senior Consultant und Teamleitung bei adesso im Bereich Retail und bringt mehrere Jahre Berufserfahrung im Change- und Projektmanagement mit. Zusätzlich hat sie die Change Management Community bei adesso ins Leben gerufen und tauscht sich dort aktiv mit Kollegen zu den neusten Entwicklungen im Bereich Change Management aus.

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