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Schon vor der Industrialisierung wurde die Strömungsenergie von fließendem Wasser genutzt, um zum Beispiel Mühlen, Säge- und Hammerwerke anzutreiben. Heutzutage ist mit dem Begriff Wasserkraft vor allem die Umwandlung in elektrische Energie in einem dafür eigens gebauten Wasserkraftwerk gemeint. Diese Kraftwerke sind nicht nur umweltfreundlich und - im Gegensatz zu vielen anderen erneuerbaren Erzeugungsanlagen - wenigen Schwankungen unterworfen, sie haben auch einen hohen Wirkungsgrad und gelten als technisch zuverlässig.

In Deutschland gibt es zurzeit 7.300 Wasserkraftanlagen, die zusammen über eine installierte Leistung von etwa 5.600 Megawatt (MW) verfügen. Dabei erbringen 6.900 Anlagen (94 Prozent) eine installierte Leistung von unter einem MW und gelten demnach als Kleinwasserkraftanlagen. Die südlichen Bundesländer haben dabei das größte Potenzial zur Nutzung von Wasserkraft, da im Voralpenraum große Höhenunterschiede im Wasserlauf zu finden sind.

Und so funktioniert‘s

Die Energieumwandlung in Wasserkraftwerken basiert auf dem Prinzip der Energieerhaltung. Es besagt, dass Energie nicht erzeugt oder zerstört werden kann, sondern nur von einer Form in eine andere umgewandelt wird.

In Wasserkraftwerken wird die potenzielle Energie (auch Höhen- oder Lageenergie genannt) sowie die kinetische Energie (Bewegungsenergie) des Wassers in mechanische Energie umgewandelt, indem das fallende Wasser auf eine Turbine trifft und diese antreibt. Die Turbine besteht aus einem Rotor, der mit Schaufelblättern bestückt ist. Wenn das Wasser auf diese Schaufeln des Rotors trifft, wird er in Bewegung gesetzt und dreht sich. Diese Bewegung wird auf einen Generator übertragen, der die mechanische Energie in elektrischen Strom umwandelt.

Die Energieumwandlung in Wasserkraftwerken lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • 1. Die potenzielle Energie des Wassers wird in kinetische Energie umgewandelt, wenn es vom Stausee in das Flussbett fällt.
  • 2. Die kinetische Energie des fallenden Wassers wird in mechanische Energie umgewandelt, wenn es auf die Schaufelblätter des Rotors trifft und diesen in Bewegung setzt.
  • 3. Die mechanische Energie der sich drehenden Turbine wird in elektrische Energie umgewandelt, wenn sie auf den Generator übertragen wird.

Die Gesamtmenge an Energie bleibt während der gesamten Energieumwandlung konstant. Ein Teil der Energie geht jedoch in Form von Wärme „verloren“, die beispielsweise durch Reibung entsteht.

Arten von Wasserkraftwerken

Es gibt verschiedene Arten von Wasserkraftwerken, die sich hauptsächlich durch den Ort ihrer Errichtung und durch die Art, wie sie Energie aus dem Wasser gewinnen, unterscheiden. Im Folgenden werden die wichtigsten Arten von Wasserkraftwerken vorgestellt:

  • 1. Speicherkraftwerke nutzen die potenzielle Energie von Wasser, das in einem Stausee aufgestaut wird. Mithilfe eines Damms wird Wasser angestaut und ein künstlicher See gebildet. Das Wasser wird dann bei Bedarf durch eine Leitung abgelassen. An dessen Ende befindet sich eine Turbine, die von dem anströmenden Wasser angetrieben wird. Speicherkraftwerke sind regelbar und dienen zur Deckung der Spitzenlast sowie zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen (Zum Beispiel Regelleistung). Ein Spezialfall stellen Pumpspeicherkraftwerke dar, denn sie sind in der Lage, Wasser aus dem Unterbecken zurück in den Stausee zu pumpen und stellen derzeit die gängige Praxis dar, um elektrische Energie zu speichern.
  • 2. Laufwasserkraftwerke nutzen die Energie des fließenden Wassers, um Strom zu erzeugen. Sie werden häufig an Flüssen errichtet, die eine ausreichende Menge an Wasser führen, um die Turbinen dauerhaft anzutreiben. Klassischerweise werden Laufwasserkraftwerke durch ihre kontinuierliche Betriebsweise zur Deckung der Grundlast eingesetzt.
  • 3. Gezeitenkraftwerke erzeugen Strom durch die Kraft des Tidenhubs. Typischerweise werden sie in Küstenregionen errichtet und nutzen die Kraft der Meeresströmungen, die durch Ebbe und Flut verursacht werden.
  • 4. Wellenkraftwerke wandeln die Bewegungen der Meereswellen in Strom um. Insbesondere in Küstenregionen werden diese Kraftwerke errichtet und nutzen im Gegensatz zu Gezeitenkraftwerken nicht den Tidenhub, sondern die Kraft der Wellenbewegungen, um Turbinen anzutreiben.

Die installierte Leistung von Wasserkraftwerken weltweit kann der folgenden Abbildung entnommen werden.


Quelle: Eigene Darstellung nach IRENA 2022

Wasserkraftwerke in einem netzdienlichen Kraftwerksverbund

Wie bereits erwähnt, sind Wasserkraftwerke in der Lage, Systemdienstleistungen zu erbringen und können damit netzdienlich eingesetzt werden. Durch ihre geringe Volatilität in der Stromerzeugung lässt sich die erbrachte Leistung gut prognostizieren.

Im Forschungsprojekt VideKIS soll ein virtueller Kraftwerksverbund durch ein zentrales Leitsystem so reguliert werden können, dass Primärregelleistungen erbracht werden kann. Hierfür werden genaue Vorhersagen der erzeugbaren Leistung sowie verlässliche Anlagen benötigt, um den strengen Marktanforderungen gerecht zu werden. Die Einbindung von Wasserkraftwerken bietet eine solide Grundlage, um verlässliche Prognosen zu erstellen und so Primärregelleistungen ausschließlich aus erneuerbaren Energien anzubieten,

Im Rahmen des Projekts werden zwei Kleinwasserkraftanlagen im Hochsauerlandkreis in Nordrhein-Westfalen in das virtuelle Kraftwerk eingebunden, die zusammen eine installierte Leistung von 1,2 MW aufweisen. Durch einen neuartigen Regler werden die Anlagen befähigt, Primärregelleistungen anbieten zu können. Erste Testversuche sind für das Frühjahr 2023 geplant und wir werden euch mit weiteren Blog-Beiträgen auf dem Laufenden halten.

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Autorin Ellen Szczepaniak

Ellen Szczepaniak ist eine erfahrene Projektmanagerin mit Schwerpunkt in der Beratung von Unternehmen der Energiewirtschaft. In ihren Projekten hat sie sowohl Erfahrungen als Requirements Engineer und Scrum Master im agilen Umfeld als auch als Interaction Room Coach und Managementberaterin in klassischen Projekten gesammelt. Sie zeichnet sich insbesondere durch ihre strukturierte und analytische Vorgehensweise sowie ihre Expertise im Kontext der Energiewirtschaft und Elektromobilität aus.

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Autor Simon Bächle

Simon Bächle ist Berater für die Line of Business Utilities bei adesso. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden das agile Projektmanagement sowie die Anwendung von Data Science in der Energiewirtschaft. Darüber hinaus beschäftigt er sich als Business Analyst im Forschungsprojekt VideKIS mit der Entwicklung eines neuartigen virtuellen Kraftwerks.

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Autorin Zoe Holdt

ist Beraterin für die Line of Business Utilities bei adesso und begleitet agile wie auch klassische Projekte in der Energiewirtschaft. Neben dem Projektgeschäft treibt sie die Entwicklung des Themenschwerpunkts Wasserstoff bei adesso weiter voran.

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Branchen

Schlagwörter:

VideKIS

Energiewirtschaft

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